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Ergebnisse einer Übung am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien

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“Die großen Erwartungen, welche für die Entwicklung des ostasiatischen Handels an die Wiener Weltausstellung geknüpft werden, hat die k. k. Regierung veranlaßt, rechtzeitig Dispositionen zu treffen, um Ostasien, namentlich China, zu einer großen Betheiligung an der Ausstellung zu veranlassen. Der k. k. General-Consul, Ministerresident Ritter v. Calice in Schanghai, fungirt für Nord-China, Herr v. Overbeck in Hongkong für Süd-China als k. k. Commissär für die Wiener Weltausstellung.” [1]

China sollte auf der Wiener Weltausstellung von 1873 eine zentrale Rolle spielen. Die Eröffnung des Suez-Kanals, die Fahrten nach Ostasien deutlich verkürzte, das Aufkommen der Dampfschiffahrt und die rasante Entwicklung des Eisenbahnnetzes sollten Wien zu einem Verbindungsort von Asien und Europa wachsen lassen. China erhielt eine eigene Ausstellungsfläche am östlichen Ende des imposanten Industriepalastes, dem Hauptgebäude der Weltausstellung im Wiener Prater. Kurz vor der Eröffnung erweiterte man den Bereich noch um zwei weitere Räume im angrenzenden, eilends überdachten Hof. China trat dort in unmittelbarer Nähe zu Persien, Rumänien, der Türkei, Japan und Siam auf.

Aus Anlass des 150-jährigen Jubiläums der Wiener Weltausstellung veranstaltete Lukas Nickel, Professor für asiatische Kunstgeschichte am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, im Wintersemester 2022/23 die Übung China auf der Wiener Weltausstellung. 23 Studierende beschäftigten sich ein Semester lang mit verschiedenen Fragen rund um den chinesischen Ausstellungsbereich: Wie gestalteten sich die Räumlichkeiten? Welche Personen waren an der Konzeption beteiligt? Welche Objekte waren ausgestellt? Wo ist ihr heutiger Verbleib? Wie reagierte das österreichische Publikum auf die ostasiatischen Exponate? Welches Bild von China wurde konstruiert und wie prägt dieses noch heute unser Verständnis?

Die Beantwortung dieser Fragen erwies sich als schwieriger, als erwartet. Die offiziellen, im Rahmen der Weltausstellung veröffentlichten Abhandlungen erwähnen China meist nur am Rande. Die einzige ausführliche Publikation zu chinesischem Material ist ein Katalog der von Gustav Ritter von Overbeck (1830-1894), dem Generalkonsul in Hong Kong, zusammengetragenen Ausstellung [2]. Auch die jüngere Forschung bringt wenig Licht in die Angelegenheit. Während Japan und andere Länder in der Aufarbeitung der Wiener Weltausstellung bereits vermehrt Aufmerksamkeit erfahren haben, fand China bislang nur wenig Beachtung [3]. Mit Hilfe von ausführlichen Archivrecherchen und dem Studium von historischen Photographien und Zeitungsberichten gelang es den Studierenden, erstmals die chinesische Ausstellung weitgehend zu rekonstruieren und die zeitgenössischen Reaktionen zusammenzutragen. Das Ergebnis sind die von den Studierenden verfassten und auf dieser Webseite veröffentlichten Artikel, die Einblicke in die Räumlichkeiten, die Reaktionen, die Objekte, den sogenannten Kunsthof und mit der Ausstellung verknüpfte Persönlichkeiten bieten. Wir entschlossen uns, die gewonnenen Erkenntnisse auf einer öffentlich zugänglichen Webseite zusammenzustellen, die eine Grundlage für das Verständnis von der Rolle Chinas in Wien im Jahr 1873 bilden soll.

Die Einleitungstexte verfassten Denise Gubitosi und Lukas Nickel. Annika Schneiderbauer gestaltete die Seite. Alle individuellen Texte liegen in der Verantwortung der Autorinnen und Autoren.

Das Haupttor der Weltausstellung mit dem Wappen von China (rechter Pfosten, zweites Wappen von unten). Bildnachweis: ÖNB/Wien LW 71984 C POR MAG

Quellen

[1] Wiener Weltaustellungs-Zeitung, 19. Februar 1873 / S. 1.

[2] Gustav Ritter von Overbeck, Special-Catalog Der Chinesischen Ausstellung. III. Abtheilung. Boden Industrie Und Kunst-Produkte, Wien 1873.

[3] Siehe etwa: Herbert Fux, Japan auf der Weltausstellung in Wien 1873 (Kat. Ausst, Museum für angewandte Kunst, Wien, 1973), Wien 1973. / Anna Minichberger, Die japanischen Lackarbeiten der Wiener Weltausstellung von 1873 im Österreichischen Museum für Angewandte Kunst, Wien 2007 (Diplomarbeit, Universität Wien). / Peter Pantzer, The World Exhibition in Vienna in 1873. Japan’s role and influence among all participating nations. New Sources, 文明, 2018, 23, 27-35. / Aki Sahara, Die Rezeption der japanischen Kunst in Wien nach der Weltausstellung 1873 und die Problematik des Japonisme in den Werken der Wiener Jugendstilkünstler, Wien 2021 (Masterarbeit, Universität Wien).

Im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien lief von April bis Oktober 2009 die Ausstellung MEIJI – Japan um 1900, die einige japanische Objekte von der Wiener Weltausstellung im Bestand des MAK enthielt. Im Juni 2023 eröffnet das Museum die Sonderausstellung Wiener Weltausstellung 1873 Revisited – Ägypten und Japan als Europas „Orient“. Ein Text im japanischen Bereich der Dauerausstellung des Weltmuseums Wien verweist auf die Weltausstellung und ihre Bedeutung für einige sich heute in der Sammlung des Museums befindliche japanische Objekte (etwa das Modell einer Daimyō-Residenz, Inv.-Nr. 117752). Ein laufendes Forschungsprojekt des Weltmuseums Wien beschäftigt sich mit den Objekten des japanischen Bereichs der Weltausstellung.