Kunsthof
Der Kunsthof war ein ehrgeiziges Projekt, dem ein großes Areal neben dem Industriepalast gewidmet war. Er bestand aus der Kunsthalle im Westen, zwei Pavillions im Norden und Süden (die Pavillions des Amateurs), einem Triumphbogen im Osten und einem mit Skulpturen bestückten Laubengang, der die Anlage umschloss. Im Zentrum befand sich ein Wasserbassin mit umliegenden Grünflächen.
Die Anlage sollte den teilnehmenden Ländern erlauben, ihre zeitgenössische, religiöse und traditionelle Kunst und ihr Kunstgewerbe zu präsentieren. Uns stellte sich die Frage, ob auch China im Kunsthof eine Präsenz hatte. So ließe sich ein Einblick gewinnen, ob China nicht nur als potentieller Handelspartner, sondern auch als kulturell herausragende Nation gesehen wurde.
Die Frage erwies sich jedoch als schwer zu beantworten. Die Planungen der Ausstellungen im Kunsthof waren von Zwistigkeiten und Kehrtwenden gekennzeichnet. Da die Hallen erst lang nach der Eröffnung der Weltausstellung fertig wurden, gibt es kaum Beschreibungen der Kunstausstellung in den Zeitungen und nahezu keine Fotografien. Neben einigen Abbildungen der Portale ist nur eine einzige Abbildung des Ausstellungsbereichs überliefert. Deshalb besprechen Elena Apfler und Eva Tillian hier zunächst die Anlage und Entstehung der Kunstausstellung und die Debatte um die Exposition des Amateurs. Laura Birnbacher stellt in ihrem Artikel mehrere Sammler vor, während Anna Stephani die zeitgenössische und heutige Resonanz der Kunstausstellung von 1873 untersucht.
Nur wenige der 53 ausstellenden Länder erhielten eigene Räume im Kunsthof. China hatte keinen separaten Bereich, jedoch listete der „Officielle Kunst-Catalog“ zahlreiche chinesische Objekte. Unter „bildende Kunst der Gegenwart“ finden sich Modelle von mehreren Tempeln, buddhistische und weltliche Figuren, eine Karte und nicht näher beschriebene „Ansichten von Amoy“ [1]. Im Abschnitt „Objecte der Kunst und Kunstgewerbe“, der die ursprünglich geplante Exposition des Amateurs umfasste, kündigten zwei private Sammler, Altgraf Franz zu Salm-Reifferscheid (1832-1890) und Karl Trau (eigentlich Carl Trau, 1811-1887), ganze Sammlungen von „altchinesischen Email cloisonné“ und „altchinesischem Porzellan“ an [2]. Einige chinesische Porzellane fanden sich auch in der Präsentation eines persischen Prinzen. Obwohl nicht klar ist, wieviele der Objekte tatsächlich in der am Ende stark verkleinerten Exposition des Amateurs unterkamen, lässt sich festhalten, dass China durchaus Platz im Kunsthof eingeräumt werden sollte.
Quellen
[1] Officieller Kunst-Catalog, Verlag der General-Direction, Wien 1873. / S. 180.
[2] Kunst-Catalog. / S. 32 ff.