Vorgeschichten

Rudolf Eitelberger und die Wiener Weltausstellung (2/2)

Kristin Koblitz

Ab 1872 erschien die Weltausstellungszeitung, in der Eitelberger inserierte:

 

Jetzt, anlässlich der Vorbereitungen zur Weltausstellung erlässt der Direktor des Österreichischen Museums die Erklärung, daß diese Anstalt stets bereit sein wird, die Industriellen in Allem, was sie für diese Ausstellung zu unternehmen gedenken, zu unterstützen.“ [6]

 

Der Generaldirektor der Weltausstellung Schwarz- Senborn betonte zwar die Wichtigkeit der heimischen Museen auf der Weltausstellung, doch sollte Eitelbergers Museum für Kunst und Industrie nicht den Alleinanspruch auf dem Gebiet des Wiener Kunstgewerbes haben. So erhielt er nicht den geforderten Platz eines gesamten Pavillons [7]. Die wohl stattgefundenen Diskussionen über den Platzbedarf, die Konkurrenz oder die allgemeine Ausrichtung der Weltausstellung sind leider nicht überliefert. Die Folge war, dass das Museum für Kunst und Industrie nicht auf der Weltausstellung vertreten war, sondern in eigenen Räumlichkeiten parallel zur Weltausstellung eine Ausstellung unter dem Titel Handzeichnungen und Aquarelle Wiener Künstler aus der Zeit vom Beginne der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis gegen das Jahr 1860 abhielt [8]. Diese wurde am selben Tag wie die Weltausstellung, nämlich am 1. Mai 1873, im VI. Saal des Museums eröffnet. Außerdem veranstaltete Eitelberger während der Dauer der Weltausstellung jeden Samstag zwischen 19 und 21 Uhr in der Bibliothek des Museums eine Vorlesung zur Kunst auf der Weltausstellung für interessierte Studenten und Laien [9]. Leider sind dazu keine inhaltlichen Unterlagen bekannt. Weiters lud Eitelberger zum 1. Kunstwissenschaftlichen Congress in der Zeit vom 1. – 4. September 1873 ins Museum für Kunst und Industrie [10]. Hier wurden Fragen zur Katalogisierung, Restaurierung, Budget, Verwaltung, kunstwissenschaftlichem Unterricht und mehr behandelt [11]. Das Thema Weltausstellung stand nicht auf der Tagesordnung. Dieser Kongress war der erste von regelmäßig folgenden Kunsthistorikertagungen in ganz Europa und unterstreicht wiederum den internationalen Einfluss Eitelbergers.

Auf der Wiener Weltausstellung selbst war sein offizieller Beitrag ein relativ bescheidener. Doch  enge Familienangehörige hatten offizielle Aufgaben: Einerseits war sein Schwager Theodor Lott für das Druckereiwesen auf der Weltausstellung verantwortlich andererseits war Jeanette von Eitelberger (geb. Lott), Eitelbergers 2. Ehefrau, Mitglied im Wiener Frauenerwerbsverein (WFEV). Dieser Verein war in der Abteilung Frauenarbeit auf der Weltausstellung vertreten. Aus diesem Anlass schrieb Rudolf von Eitelberger einen längeren Beitrag in der Monatszeitschrift des Museums für Kunst und Industrie über diese Ausstellung der Frauenarbeit [12].  Dieser Zusammenschluss von großbürgerlichen Ehefrauen setzte sich dafür ein, dass unverheiratete Frauen bzw. Witwen die standesgemäße Möglichkeit bekämen, ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Am bürgerlichen Frauenbild der treusorgenden Ehefrau und Mutter sollte aber nicht gerüttelt werden. Die Versorgungsmöglichkeit bezog sich nur auf den Ernstfall. An die Einbeziehung von arbeitenden Frauen niederer Klassen wurde verzichtet. In diesem Sinn ist auch Eitelbergers  Eintreten für die Förderung der Frauen im Museum für Kunstgewerbe zu verstehen. So wollte er eine Aufnahme von Frauen in Fachklassen durchsetzen, die jedoch an der Zustimmung des Ministeriums scheiterte. Als Mitglied der Kommission zur Präsentation für Erziehungs-, Unterrichts- und Bildungswesen bei der Weltausstellung setzte er sich für eine eigene Ausstellung von Frauenarbeit ein. Auch die Abhaltung eines Internationalen Frauenkongresses stand kurz zur Diskussion. Letztendlich blieb es bei ausgestellten  kunstgewerblich verfeinerten  Handarbeiten und in Hausarbeit gefertigten Trachten [13].

Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass Rudolf von Eitelbergers Beitrag auf der Weltausstellung und seine herausragende Position im Wiener Kulturbetrieb in merkwürdiger Diskrepanz stehen. Warum er auf der Weltausstellung nicht prominenter vertreten war, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Kann man in der Zeit vor der Weltausstellung großen Enthusiasmus seinerseits heraushören, liest sich seine in der Weltausstellungszeitung annoncierte Bereitschaft zur Unterstützung des Projekts  schon als eindeutige Aufforderung zur persönlichen Einbeziehung. Die Verweigerung des nötigen Platzes in Form eines eigenen Pavillons für das Museum für Kunst und Industrie wird er wohl als persönliche Kränkung empfunden haben, obwohl in seinen schriftlichen Aufzeichnungen kein negatives Wort bezüglich der Weltausstellung zu finden ist. Wovon Eitelberger auf jeden Fall profitiert hat, ist, dass viele Objekte, die auf der Weltausstellung gezeigt wurden, später von „seinem“ Museum für Kunst und Industrie angekauft wurden und sich bis heute im MAK befinden.

Quellen

[6] Wiener Weltausstellungs-Zeitung. Central-Organ für die im Jahre 1873 stattfindende Weltausstellung in Wien,  3.September 1871. ANNO, Wr. Weltaustellungs-Zeitung / Int. Austellungs-Zeitung, 1871-09-03, Seite 3 (onb.ac.at) / S. 3.

[7] Experiment Metropole – 1873: Wien und die Weltausstellung. 397. Sonderausstellung des Wien Museums, Hrg.: Wolfgang Kos und Ralph Gleis,  Czernin Verlag, Wien, 2014. / S. 188-193.

[8] Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII, Nr. 92, 1873.

[9] Ebd.

[10] Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII, Nr.94, 1873.

[11] Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII, Nr.97, 1873.

[12] Monatsschrift für Kunst und Gewebe VIII, Nr. 88, 1873.

[13] Eva Kernbauer, Kathrin Pokorny-Nagel, Raphael Rosenberg, Julia Rüdiger, Patrick Werkner, Tanja Jenni (Hrg.) : Rudolf Eitelberger von Edelberg. Netzwerker der Kunstwelt, Festschrift, Böhlau Verlag, Wien, 2019. / S. 393-411.

 

Veröffentlicht: 2023