Kunsthof

Der Pavillon des amateurs und seine Umsetzungsschwierigkeiten (2/2)

Eva Tillian

Diese Idee war nicht neu. Bereits bei der Pariser Weltausstellung 1867 wurde eine ähnliche Schau alter Kunstwerke unter dem Namen histoire du travail abgehalten [4]. Der entsprechende Wiener Entwurf war schon zu Beginn des Jahres 1872 ausgearbeitet und eine Kommission aus Expert:innen wurde ernannt [5]. Doch dieses interessante Konzept hing aus mehreren Gründen an einem seidenen Faden, denn die großen europäischen Kunstsammelnden lieferten nicht die gewünschten Schätze nach Wien [6]. General-Direktor der Weltausstellung, Wilhelm Freiherr von Schwarz-Senborn (1816–1903), versuchte noch bis zuletzt an den Plänen festzuhalten, doch löste sich die Kommission im März 1873 nur wenige Wochen vor der Eröffnung wieder auf [7]. In den Zeitungen von damals können wir dieses Chaos nachverfolgen. Mehr oder weniger offensichtlich lassen sich die persönlichen Empfindlichkeiten und Kränkungen der unterschiedlichen Beteiligten herauslesen:

 

Zwischen den Verein von Amateurs, von kunstsinnigen Sammlern und verständnisvollen Altherthümlern, die zusammentraten, um unter der Agende ihrer in Sammlerkreisen klangreichen Namen die Schätze der Amateurs, die sorgsam gehüteten Privatsammlungen aller Länder zu einem temporären Museum zu vereinen, zwischen diesen Verein drängte sich der machtvollkommene, kein unabhängiges Wirken neben sich duldende Wille der Generalleitung […].[8]

Statt der versprochenen Kunstschätze vergangener Zeiten wurden nur „Kuriositäten[9] zugesendet, wie der damals zuständige Kurator Karl Lind 1873 beklagte. Eine groß-angedachte Präsentation in den Pavillons schrumpfte auf wenige Säle [ABB.3] zusammen.

ABB.3: Weltausstellung in Wien 1873: Pavillon der Amateure, Inventarnr.: FotoGLV2000/21380.

Die restlichen Räume wurden kurzfristig dazu genutzt, die überquellende Kunsthalle zu entlasten. Diese hatte sich als zu klein für die Galerie der zeitgenössischen Kunstwerke erwiesen und deshalb wurde auf die freistehenden Räumlichkeiten in den Pavillons ausgewichen [10]. Kurz vor der Eröffnung führten verschiedenen Turbulenzen dazu, dass die Ausstellung in den Pavillons schließlich mit Verspätung eröffnet wurde [11]. Das hatte zur Folge, dass die Innenräume der Pavillons bei den offiziellen Fototerminen einfach noch nicht fertig waren und es deshalb im Vergleich zur Kunsthalle wenig bildliche Dokumente gibt [12]. Weiters führte diese Schrumpfung der Sammlung dazu, dass in die Gruppe 24 gehörigen Gegenstände der verschiedenen Länder nicht gebündelt in den Pavillons ausgestellt wurden, sondern zum Beispiel in die Industriehalle gelangten. Dies mündete in der oft angemerkten Unübersichtlichkeit für die Besucher:innen [13]. Auch in dem offiziellen Kunst-Katalog spiegelte sich diese verwirrende Strukturierung wieder und wurde als „documentarisches Zeugniß der Unfähigkeit der [Ausstellungs-]Leitung[14] bezeichnet.

Was also zu Beginn der Planung vielversprechend klang, eine Gesamtschau alter Kunstwerke aus verschiedenen, auch außereuropäischen Ländern, wurde schlussendlich zu einer von so vielen Anekdoten der Wiener Weltausstellung, die uns heute in keiner ruhmreichen Erinnerung geblieben sind. Die verbliebene Exposition wurde von Zeitgenossen bewertet als:

 

eine fragmentarische, system- und ordnungslose Anhäufung von mitunter guten, vielfach ganz mittelmäßigen und schlechten Dingen, die der Zufall wie in einem Antiquitätenladen zusammengewürfelt zu haben schien.“ [15].

Quellen

[4] Karl Lind, Die österreichische kunsthistorische Abtheilung auf der Wiener Weltausstellung (Pavillons des amateurs), Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, Wien 1873. / S. 149.

[5] Ebd.

[6] Neues Wiener Tagblatt, Le Pavillon des amateurs, A.H, Ausgabe vom 19. Mai 1873, Online: https://anno.onb.ac.at/cgicontent/anno?aid=nwg&datum=18730519&seite=2&zoom=33&query=%22Pavillon%22%2B%22des%22%2B%22amateurs%22&ref=anno-search. / S. 2.

[7] Karl Lind, Die österreichische kunsthistorische Abtheilung auf der Wiener Weltausstellung (Pavillons des amateurs), Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, Wien 1873. / S. 149.

[8] Neues Wiener Tagblatt, Le Pavillon des amateurs, A.H, Ausgabe vom 19. Mai 1873, Online: https://anno.onb.ac.at/cgicontent/anno?aid=nwg&datum=18730519&seite=2&zoom=33&query=%22Pavillon%22%2B%22des%22%2B%22amateurs%22&ref=anno-search. / S. 2.

[9] Karl Lind, Die österreichische kunsthistorische Abtheilung auf der Wiener Weltausstellung (Pavillons des amateurs), Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, Wien 1873. / S. 149.

[10] Lippmann, Die Exposition des amateurs, Carl von Lützow (Hrsg.), Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873, Leipzig 1875. / S. 498-499.

[11] Neues Wiener Tagblatt, Le Pavillon des amateurs, A.H, Ausgabe vom 19. Mai 1873, Online: https://anno.onb.ac.at/cgicontent/anno?aid=nwg&datum=18730519&seite=2&zoom=33&query=%22Pavillon%22%2B%22des%22%2B%22amateurs%22&ref=anno-search. / S. 1.

[12] Petra Ptáková, Praterateliers. Zur Geschichte der Bildhauerateliers in den Pavillons des amateurs im Wiener Prater vor 1939, Wien 2021 (unpublizierte Masterarbeit). / S. 17.

[13] Karl Lind, Die österreichische kunsthistorische Abtheilung auf der Wiener Weltausstellung (Pavillons des amateurs), Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, Wien 1873. / S. 149.

[14] Lippmann, Die Exposition des amateurs, Carl von Lützow (Hrsg.), Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873, Leipzig 1875. / S. 498.

[15] Ebd. / S. 496.

Veröffentlicht: 2023