Der Pavillon des amateurs und seine Umsetzungsschwierigkeiten (1/2)
Eva Tillian
Am Anfang des Projektes stand die Recherche nach chinesischen Kunstwerken, die laut offiziellem Kunstkatalog [1] in den Kunst-Pavillons der Wiener Weltausstellung 1873 präsentiert wurden. Als Material für die Nachforschung dienten dabei die verschiedenen Zeitungsberichte aus der Zeit und Aufsätze von damals zuständigen Organisatoren. Das angestrebte Ziel war es, die Ausstellung für heutige Leser:innen nachvollziehbar zu machen und einen einführenden Überblick zu geben. Während der Beschäftigung mit dem Thema stellten sich mehrere Fragen.
Erstens: Warum gibt es heute vergleichsweise wenige Fotografien aus den beiden Kunst-Pavillons? Zweitens: Wieso ist die Nachverfolgung der damals vermeintlich ausgestellten Kunstwerke derart schwierig? Und drittens: Weshalb erweisen sich die einst zu den Veranstaltungen beigefügten Orientierungspläne und Kataloge für den Kunsthof als ebenso unübersichtlich?
Die beiden Pavillons waren Teil eines Gebäude-Komplexes, der Kunsthof bezeichnet und im Anschluss an den Industriepalast errichtet wurde. Dieser bestand aus drei Bauten – der Kunsthalle und dem nördlichen und südlichen Pavillon des amateurs [ABB.1/ABB.2]. Die Bauten wurden von einem mit Skulpturen ausgestatteten Laubengang miteinander verbunden und dazwischen befand sich eine begrünte und mit Bäumen bepflanzte Anlage.
Während die Kunsthalle dazu bestimmt wurde, die zeitgenössische bildende Kunst einiger teilnehmender Länder zu zeigen, sollte das Programm im Pavillon eine Sammlung für und von Kunstliebhaber:innen sein. In dem eigens dafür errichteten südlichen Pavillons der Kunst sollten dort die Gegenstände der Gruppe 24 – Objekte der Kunst und Kunstgewerbe früherer Zeiten – von privaten Kunstliebhaber:innen und Sammler:innen präsentiert werden [2].
Die Exposition des amateurs oder Ausstellung der Kunstliebhaber war ein ambitioniertes Projekt der Weltausstellung, das nicht in der angedachten Ausführung realisiert wurde.
Die zu Anfang gestellten Fragen und Schwierigkeiten der Umsetzung lassen sich unter anderem beantworten, wenn die Begleitumstände der Wiener Weltausstellung vor Augen geführt werden. Was als ambitioniertes Großprojekt im Jahr 1871 begann, endete in einer Enttäuschung. Uns sind heutzutage die Schwierigkeiten bekannt, mit denen die Verwaltung zu kämpfen hatte. Ein unübersichtliches Areal, Überschwemmungen, der Börsenkrach und eine ausbrechende Choleraepidemie waren die Bedingungen, mit denen die Besucher:innen, Austeller:innen und Organisator:innen umgehen mussten [3].
Quellen
[1] Officieller Kunst-Catalog, Verlag der General-Direction (Hrsg.), Wien 1873. / S. 32.
[2] Wiener Weltausstellungs-Zeitung, Ausgabe vom 30.09.1871, Online: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wwz&datum=18710930&seite=4&zoom=33 / S. 2.
[3] Karlheinz Roschitz, Wiener Weltausstellung 1873, Wien 1989. / S. 170-171 & Jutta Pemsel, Die Wiener Weltausstellung von 1873, Wien 1989. / S. 77-80.
Veröffentlicht: 2023