Kunsthof

Kunstsammler und die problematische Verortung von Objekten

Laura Birnbacher

Die Wiener Weltausstellung war für Kunstsammler ein Ereignis von großem Interesse. Wir machten es uns daher zur Aufgabe Sammler ausfindig zu machen, die auf der Exposition des amateures chinesische Objekte eingebracht hatten. Nach sorgfältigem Durchsehen des „Officiellen Kunst-Katalogs“, der 1873 zur Weltausstellung herausgegeben wurde, fertigten wir eine Excel-Tabelle an, aus der ersichtlich wurde, dass der Großteil der Objekte von Interesse von zwei Privatpersonen eingebracht wurde – Altgraf Franz zu Salm-Reifferscheid (1832-1890) und Carl Trau (1811-1887). Bei den Objekten handelt es sich vorwiegend um Vasen und Blumen- sowie Räuchergefäße, wie aus der Tabelle ersichtlich wird. Carl Trau stellt zudem einen spannenden Zusammenhang zu unserem Thema dar.

Trau erwies sich als Besitzer einer Teehandlung in der Wollzeile 1, die 1850 gegründet wurde und als Wiens erstes und ältestes Etablissement für Tee galt [1]. 1872 wurde das Geschäft zur K. u. K Hof-Teehandlung ernannt. Schon bald bezog Carl Trau seine Ware direkt aus China [2]. „Die direkten Importe von chinesischem Tee hatten durch die Weltausstellung 1873 einen weiteren Auftrieb bekommen[3]. Carl Traus Interesse an Kunst und Antiquitäten war durchaus vielseitig, allerdings war er dafür bekannt beispielsweise Keramiken im fernen Osten zu erwerben [4]. Schon 1864 steuerte er mehrere Exponate dem in diesem Jahr gegründeten Österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien bei [5]. Aus dem Detail einer Rechnung der Hof-Teehandlung an Herrn Eugen Grafen Czernin vom 6. Dezember 1888 aus dem Fundus der Tafelkulturistin Annette Ahrens wird ersichtlich, dass Carl Trau neben Tee und anderen Lebensmitteln wie Likören auch die „schönste Collection von chinesischen und japanischen Kunst- und Industriewaren[6] anbot.

Carl Trau verstarb 1887. Er war Vater von Franz Trau dem Älteren und Großvater von Franz Trau dem Jüngeren, der 1931 verstarb. Wie sein Vater war Franz Trau Senior ein angesehener Kunstsammler und Experte für Antike Kunst, der ein großes Interesse für Orientalistik hegte [7]. Im Jahre 1868 übernahm er die Teehandlung und baute sie weiter aus. Franz Trau Senior verstarb 1905 in Wien. 1907 wurde das Geschäft auf den Stephansplatz verlegt. Das Familienunternehmen wurde im Jahre 1971 nach dem Tod des letzten Besitzers allerdings geschlossen, da seine beiden Kinder eine andere berufliche Laufbahn einschlugen. Sein Sohn ist uns unter dem Namen Stephan Schwab-Trau bekannt.

Altgraf Hugo Karl Franz zu Salm-Reifferscheid stammte ursprünglich aus Prag. Bereits sein Vater Hugo Karl Eduard Fürst Salm-Reifferscheid war Herrschaftsbesitzer und Industrieller. Franz übernahm die Leitung der Bergbau- und Industrieunternehmen der Familie. Zudem war er Besitzer der Güter Blansko und Raitz (1888), Konzessionär der Nordwestbahn (1868) und Mitgründer der Versicherungsgesellschaft „Österreichischer Phönix“ in Wien (1860), zu deren Präsident er später ernannt wurde (1890). Ebenso war er Präsident der k.k. geographischen Gesellschaft in Wien (1858-1859), Gründungsmitglied (1879) wie Präsident (1890) des philanthropischen Vereins, Präsident der mährisch-schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde (1882-1890) und Präsident des Industriellen Klubs (1887-1890). Er war Mitglied des Abgeordnetenhauses (1879-1885) und erbte auch die Mitgliedschaft im Herrenhaus. Es ist ersichtlich, dass es sich bei Altgraf Salm-Reifferscheid um eine äußerst engagierte Persönlichkeit handelt. Über seine Verbindungen zur Kunstszene ist allerdings wenig zu finden [8].

Des Weiteren bestanden einige Probleme, die chinesische Präsenz in den diversen Kunstbereichen zu charakterisieren. In der Sammlung historischer österreichischer Zeitungen und Zeitschriften der österreichischen Nationalbibliothek sind wir auf einen Artikel gestoßen, der das erklären könnte. In einem Bericht über die österreichisch kunsthistorische Abteilung auf der Wiener Weltausstellung von Dr. K. Lind aus dem Jahre 1873 fanden wir einen Ausschnitt, der besagt, dass die Exposition des Amateurs auf der Weltausstellung „unter anderen auch diesen Fehler[9] hatte, dass die der XXIV. Gruppe angehörigen Gegenstände nicht an einem Ort vereint ausgestellt wurden. Oft befanden sie sich offenbar mit den Landes- und Industrieprodukten in der Industriehalle, oder in abgesonderten, schwer auffindbaren Pavillons. Ebenso erwähnt wird, dass dies bei anderen Gruppen auch der Fall war, was natürlich chinesische Objekte miteinschließen könnte. Das bedeutet, dass sich einige chinesische Objekte außerhalb der chinesischen Galerie befunden haben dürften.

Ein weiterer Ausschnitt berichtet von der persischen Exposition des Pavillons, der privaten Sammlung eines persischen Prinzen [10]. Unter diesen Objekten befanden sich auch chinesische Porzellangefäße. Die meisten Stücke wurden allerdings als „gerade so geschmacklos wie alles Übrige dieser Partie[11] empfunden. „Das wenige Gute, das sich darunter fand, ist mit feinem Kenner-Auge für eine Privatsammlung Wiens acquirirt worden[12], so heißt es, was uns wieder zum Anfang dieses Berichtes bringt.

 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass chinesische Objekte nicht nur in den drei Räumen der chinesischen Exposition, sondern auch in weiteren Expositionen, wie der persischen und der Ausstellung der Kunstliebhaber, auftauchten. Wo genau welches Objekt stand ist allerdings aufgrund der etwas chaotischen Aufteilung schwer nachvollziehbar. Die Suche nach Sammlern ist im Vergleich dazu noch ertragreicher und mit spannenden Erkenntnissen über Carl Trau verbunden gewesen.

Quellen

[1] Annette Ahrens, 2019, https://annette-ahrens.at/die-hof-teehandlung-c-trau/.

[2] Ebd.

[3] Ebd.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Ebd.

[7] Ebd.

[8] Parlament Österreich, 2023, https://www.parlament.gv.at/content/imported/recherchieren/personen/parlamentarierinnen-ab-1848/Salm-Reifferscheidt_3.

[9] Karl Lind, Die Gruppe XXIV Der Wiener Weltausstellung, in: Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, 1873, Online: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=edb&datum=1873&page=1&size=45 / S. 301.

[10] Ebd. / S. 308.

[11] Ebd.

[12] Ebd.

Veröffentlicht: 2023