Reaktionen

Seidenstoffe und Kunststickerei in der chinesischen Abteilung

Katharina Reichhart

1873 fand in Wien die erste Weltausstellung im deutschsprachigen Raum statt, an der erstmals auch Länder wie Japan und China vertreten waren [1]. Zeitgenössische Autoren unterschiedlichster Zeitungen berichteten regelmäßig von den ausgestellten Materialien und Gegenständen. Während der Recherche nach Reaktionen auf den chinesischen Ausstellungsbereich der Wiener Weltausstellung in Zeitungsartikeln fiel eines auf: neben Porzellangefäßen, Lackwaren und Papier riefen Seidenstoffe und Stickereien viele positive Reaktionen bei den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung hervor.

So werden die chinesischen Seidenstoffe in einem Bericht in der Linzer Tagespost vom 12. Juni 1873 sogar als „Glanzpunkt der Ausstellung“ bezeichnet. Das europäische Publikum soll die Stoffe und die herrlichen Stickereien regelrecht bewundert haben [2]. Die Seidenstickereien waren teilweise für den europäischen, aber auch teils für den chinesischen Markt bestimmt [3].

Da auch in der japanischen Abteilung der Weltausstellung, die sich gleich neben der chinesischen befand, Seidenstoffe und Kunststickereien ausgestellt waren, wurden die chinesischen Textilien in Zeitungsberichten immer wieder gemeinsam mit den japanischen Stücken erwähnt und ihnen gegenübergestellt. Dies minderte die Wertschätzung aber keineswegs. Die Artikel der Autoren zu diesen Themen sind überwiegend äußerst positiv und berichten begeistert von der Qualität und Schönheit der ausgestellten chinesischen.

Nur ein Bericht der Internationalen Ausstellungszeitung vom 19. Juli 1873, der über japanische Seidenweberei schreibt, kritisiert dabei die ausgestellten chinesischen Webstühle scharf. Diese waren, laut dem Artikel, von so schlechter Qualität, dass diese die Bezeichnung „Webstuhl“ gar nicht verdienten [4]. Zu den fertigen Endprodukten der chinesischen Weberei verlor der Bericht allerdings kein Wort.

Die Beliebtheit der chinesischen Kunststickereien wird in einem Artikel vom 2. September 1873, ebenfalls aus der Internationalen Ausstellungszeitung, besonders deutlich. Dieser Bericht beschäftigt sich ausschließlich mit der japanischen und chinesischen Kunststickerei und beleuchtet dieses Thema sehr genau. In diesem heißt es unter anderem, dass die technische Ausführung der chinesischen und japanischen Stickereien „das Höchste ist, was man in der Stickkunst leisten kann.“ [5]. Auf diese positive Aussage des Autors folgt weiters eine detaillierte Beschreibung der Verwendung und Herstellung chinesischer Seidenstickerei, die interessierten Leserinnen und Lesern einen wunderbaren Eindruck der ausgestellten Textilien ermöglichen: Die Stickereien befanden sich als Schmuckelemente auf verschiedenen Objekten und wurden als dekoratives Element von den Chinesen als solches verwendet. So bestickten die Chinesinnen und Chinesen etwa Decken, Bandagen, Kleidung, Taschen, Gürteln, Tücher und . Eine scharfe Kontur, eine „geschmackvolle“ Farbwahl und ein gleichmäßiger Stich waren essenziell für die Qualität einer Stickerei. Gestickt wurde mit bunten Fäden, sollte es besonders luxuriös werden, wurden Seidenfäden oder sogar Goldfäden verwendet. Die Goldstickereien konnten auf Frauenkleidern, Pölster und als Schmuckelemente auf Schuhen bewundert werden [6]. Laut dem Artikel konnte aufgrund der Verwendung von unterschiedlich gefärbtem Gold verschiedene Effekte erzielt werden. Die Stickereien wurden von den Chinesinnen und Chinesen aber nicht nur als rein dekorative Elemente eingesetzt, sondern auch für Rangzeichen auf Männerkostümen, beispielsweise als Zeichen eines Mandarins [7]. Blumen und Vogel-Darstellungen wurden besonders geschätzt und bewundert. Als „Perle dieser Exposition“ wurde eine dunkelblaue Bettdecke bezeichnet, die bestickt war mit Wasserpflanzen, Blüten, bunten und goldenen Vögeln, Libellen, Schmetterlingen und zahllosen weiteren Gestalten und Formen. Dem Bericht ist zu entnehmen, dass diese Decke die Besucherinnen und Besuchern äußerst beeindruckt hatte [8]. Eine besondere Anerkennung steht am Schluss des Artikels geschrieben. Mit den letzten Sätzen des Textes richtet sich der Autor an die und fordert sie direkt dazu auf, die Gelegenheit zu nützen und sich die ausgestellten Arbeiten der Chinesen und Japaner anzuschauen [9].

Ein Kommentar aus dem Neuen Fremden-Blatt des 19. Oktobers 1873 bringt es schön auf den Punkt:

 

„[…] Was aber China und Japan an Gold- and Seidenstickerei leistet, übertrifft alle Leistungen aller Völker auf ähnlichem Gebiete.[10]

 

Für das heutige Verständnis war vor allem der oben zitierte Beitrag des 2. Septembers hilfreich, der die positiven Reaktionen für die heutigen Leserinnen und Leser nachvollziehbarer macht. Die allgemeinen Informationen über Seidenstickerei und die genaue Beschreibung einiger Exponate sind primär interessant und wertvoll, da sie einen guten Einblick in die chinesische Abteilung der Wiener Weltausstellung bieten. Die ausgestellten Seidenstickereien waren nach den zeitgenössischen Zeitungsberichten eine sehr beeindruckende, sehenswerte Kostbarkeit, die offensichtlich hoch gewertet und zur Kenntnis genommen wurde. Dieses asiatische Handwerk begeisterte nicht nur die Autoren der Zeitungsartikel, sondern auch das Publikum.

 

Quellen

[1] Team der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wiener Weltausstellung, Online: wiener-weltausstellung.at

[2] Aus China und Japan, Linzer Tages-Post, Nr. 134, 12. Juni 1873,  Online: ANNO / S. 1-2.

[3] Der chinesische Hof, Linzer Tages-Post, Nr. 140, 20. Juni 1873, Online: ANNO / S. 2.

[4] Eine Japanische Filanda und Seidenweberei, Wr. Weltaustellungs-Zeitung/Int. Austellungs-Zeitung, 19. Juli 1873, Online: ANNO / S. 2-3.

[5] Chinas & Japans Kunststickerei, Wr. Weltaustellungs-Zeitung/Int. Austellungs-Zeitung, 2. September 1873,  Online: ANNO / S. 1.

[6] Ebd. / S. 1-3.

[7] Ebd. / S. 2-3.

[8] Ebd. / S. 1-2.

[9] Ebd. / S. 3.

[10] Frauenarbeit im Orient und Occident, Neues Fremden-Blatt, Nr. 288, 19. Oktober 1873, Online: ANNO / S. 17.

Veröffentlicht: 2023