Zeitungsberichte: China im Vergleich zu Japan
Amila Ramic
Die Weltausstellung von 1873 in Wien war eine bedeutende Veranstaltung, die viele Länder aus der ganzen Welt anzog, um ihre Kultur, Wirtschaft und den Fortschritt in Technologie zu präsentieren. China und Japan waren auch unter den teilnehmenden Ländern und beide hatten eigene Ausstellungshallen, in denen sie ihre Produkte und Leistungen präsentieren konnten.
Während der Wiener Weltausstellung wurden zahlreiche Artikel [1] veröffentlicht, welche uns heute einen kleinen Eindruck darüber geben können, wie sich die verschiedenen Länder repräsentierten und wie deren Wirkung auf das Publikum war. Basierend auf diesen Zeitungsartikeln [2] geht dieser Text auf den Vergleich zwischen China und Japan in Punkto Kunst, Kultur sowie Tradition und Technik ein.
China präsentierte vor allem alltäglichen Objekte aus ihrem Kultur- und Handelsbereich, darunter Handwerksarbeiten, Kunstwerke und landwirtschaftliche Produkte. Es gab auch einige industrielle Produkte wie Textilien und Porzellan – vieles davon war jedoch von einer geringeren Qualität und China schien zunächst technologisch hinter den anderen Ländern zu liegen.
Im Gegensatz dazu präsentierte Japan der westlichen Welt seine Fortschritte in Technologie und in der aufstrebenden Wirtschaft. Es zeigte modernere Produkte wie Maschinen, Werkzeuge, chemische Produkte und Weiteres. Japan hatte in den Jahren vor der Ausstellung eine umfassende Modernisierung durchgemacht, und die Ausstellung war eine Gelegenheit, diese Fortschritte der Welt zu zeigen.
In den ersten Artikeln der Wiener Weltausstellungszeitung und der Linzer Tages-Post aus dem Jahr 1873 [3], wurden selten Unterschiede zwischen China und Japan genannt, meistens liest man über Ostasien oder die Ostländer:
„Ost-Asien erscheint beinahe wie das Bruchstück aus einem andern Erdball; so grundfremd in seinen Kunstformen, in seiner Bauweise, in seinen Landesprodukten(…)“ [4]
Wenn es zu Äußerungen über Japan kam, dann waren diese positiv:
„Und doch heimelt uns moderne Europäer bei den Japanesen ein gewisses Etwas an, das uns dieses intelligente und strebsame Volk geistig wahlverwandt erscheinen läßt. Alles zeigt da von großer Arbeitslust und Arbeits-kraft, von einem hochgradig entwickelten Spürsinn für die Vorzüge in der Gesittung fremder Völker und hoher Befähigung, dass rasch Erlernte bestens zu assimilieren(…)“ [5]
Ab Juni liest man zunehmend Zeitungsberichte, in denen die Aufmerksamkeit und Bewunderung China gewidmet wurde:
„China ist bisher in der Ausstellung durch das sensationelle Arrangement der Ausstellungs-Objecte aus Japan etwas in den Hintergrund gedrängt worden, nun aber wird sich voraussichtlich das Interesse des Publikums in einem womöglich noch verstärkten Maße den Dingen aus dem Reich der Mitte zuwenden(….)“ [6]
Dennoch seien die chinesischen Produkte nur ein Produkt des europäischen Marktes gewesen:
„(…)In ihrer Totalität macht die chinesische Ausstellung den Eindruck, dass sie allerdings chinesische Fabrikate, aber zumeist nach europäischem Muster gearbeitete und für den europäischen Markt bestimmte Waren enthält(…)“ [7]
Die „Japanesen“ wurden außerdem als Freunde bezeichnet [8], während die Chinesen als die perfekten Diener beschrieben wurden:
„(…)Es gibt keine besseren Diener, als die chinesischen, und der Europäer, der einmal einen solchen gehabt, wird sich schwer an einen anderen gewöhnen können(..)“ [9]
Japan wurde als ein Land betrachtet, das auf dem Weg zur Modernisierung war. Es erhielt Anerkennung und Aufmerksamkeit von der westlichen Welt, wohingegen China sich in dieser Hinsicht zunächst beweisen musste. China brachte auf der Ausstellung zunächst einmal ihre eigene Kultur den Europäern nahe, wodurch ihre Ausstellung insgesamt vielleicht als eine historische und kulturelle betrachtet werden kann und weniger als eine moderne und fortschrittliche. Japan hingegen hatte sich bis dato schon in der westlichen Welt zum Teil einen Namen gemacht, wodurch seine Präsentation auf der Wiener Weltausstellung zunächst mehr Anerkennung erhielt. China schaffte es aber bereits nach wenigen Monaten auch die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – seine kreative, ökonomische und tüchtige Arbeitsweise beeindruckte die Westländer. Dennoch liest man in den Artikeln selten Berichte, in denen Japan und China nicht in einen Vergleich gesetzt werden.
Quellen
[1] ANNO, Wr. Weltaustellungs-Zeitung / Int. Austellungs-Zeitung, 1873-05-18, (onb.ac.at) / S. 5.
[2] Wiener Weltausstellungs-Zeitung, (alle Zeitungsartikel aus dem Jahr 1873, die in diesem Text relevanten Artikel sind von März-Oktober), https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wwz&datum=1873&zoom=33 & Linzer Tages-Post https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=tpt&datum=1873&zoom=33.
[3] Ebd.
[4] ANNO, Wr. Weltaustellungs-Zeitung / Int. Austellungs-Zeitung, 1873-05-18, (onb.ac.at) / S. 5.
[5] Ebd.
[6] https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wwz&datum=18730615&zoom=33.
[7] Ebd.
[8] https://anno.onb.ac.at/cgi-content/annoshow?text=iaz|18730612|2 / S. 2.
[9] Ebd.
Veröffentlicht: 2023