Unterschiedliche Pläne – unterschiedliche Planmaße (1/2)
H. Krigovsky
In diesem Informationsabschnitt möchte ich darauf eingehen, dass ein Plan des Ausstellungsgeländes der Wiener Weltausstellung von 1873 nicht etwa – wie heutzutage üblich – mit anzunehmender Gewissheit genormt ist, d.h. somit mit anderen Plänen auch dezidiert übereinstimmt, sondern – ganz im Gegenteil – die Pläne mitunter ganz unterschiedliche Maßangaben aufweisen; ein Problem dem sich anzunehmen gewiss , da durch Aufzeigen dieser Abweichungen somit auch die jeweiligen Raumausdehnungen innerhalb des Gebäudes – d.h. auch jene des chinesischen Ausstellungsbereichs – betroffen sind!
Bereits zu Beginn der Universitätslehrveranstaltung „China auf der Wiener Weltausstellung“ sind wir im Zuge einer zum thematischen Auftakt erfolgten Erstsichtung vieler Fotos und allgemeiner Ausstellungsschemen in gemeinsamer Runde aller Teilnehmer*innen zur Wahrnehmung gelangt, dass die genaue Plansituation – gemeint sind Anlagen- und Gebäudepläne – durchaus noch besonderes Augenmerk verdient; so war dahingehend insbesondere die Frage, wo denn exakt welche Bereiche untergebracht, und wie diese sodann intern ausgeformt waren, von besonderem Interesse.
Obgleich dieses Erkenntnisinteresse gewiss dem ganzen Ausstellungsgelände gilt, so wäre derartige Aufgabe dann im gebotenen Rahmen dennoch zu umfangreich gewesen, weshalb eine entsprechende Fokussierung unablässig war. Da das unstrittig prominenteste Gebäude der Wiener Weltausstellung von 1873 zweifellos der sog. „Industrie-Ausstellungspalast“ (Anm.: fallweise auch „Industriepalast“ oder „Industriehalle“) [1] – also jener Hauptkomplex mit der wirkmächtigen mittigen Rotunde – war, wurde somit dessen innerem Aufbau resp. der dahingehend inneren Anordnung sukzessive mein besonderes Interesse zuteil.
Im Zuge weiterer Recherchen hinsichtlich des chinesischen Beitrags im Rahmen der Wiener Weltausstellung von 1873 wurden so fanden sich schließlich durch Zufall darunter eben auch Digitalisate von detaillierten Konstruktionszeichnungen, wie u.a. eine des mittleren Gebäudeteils des Industrie-Ausstellungspalastes [ABB.1].
Es erschien somit – da wir in der Gesamtheit aller LV-Teilnehmer*innen – die konkrete Gebäudestruktur immer noch zu klären hatten, als absolut schlüssig, diesen Aspekten weiter nachzugehen. In Folge dieses Unterfangens, konnten wir somit immer mehr Karten- und Planmaterial ausheben (Anm.: nicht bloß über das Wien Museum, sondern u.a. auch über die Technische Universität Wien und div. weitere Bestände über den freien Buchhandel).
Ich selbst habe mich dann – gemeinsam mit meinem Gruppenkollegen Michael Gryksa – dazu entschlossen, eben diese Materialien entsprechend genauer zu sichten, d.h. die jeweiligen Gebäudemaße anhand der im Plan vorhandenen Legenden, in einem dazu geeigneten Computerprogramm abzunehmen. Mein zuvor tat seinerseits ähnliches, jedoch griff er auf einen anderen Ursprungsplan zurück.
Zu unserer besonders großen Überraschung brachten unsere Analysen stark abweichende Ergebnisse hervor und dies gereichte uns dann zum erhellenden „Aha“-Effekt. Haben wir ggf. schlichtweg einen Fehler beim Abnehmen der Maßzahlen gemäß der in den Plänen enthaltenen Legenden gemacht oder aber waren die Pläne – von denen wir mit Selbstverständlichkeit annahmen, dass sie, wie dies in der Gegenwart wohl unstrittig zu erwarten wäre, gewiss genormt seien – ob ihrer Genauigkeit offenbar doch voneinander sehr unterschiedlich? Somit überprüfte ich meine Abmessungen nochmals und führte in Folge – dies sei hier durchaus auch erwähnt – ein gemeinsam über unsere Resultate brütendes Gespräch mit meinem Studienkollegen; es ließ sich schließlich in der Tat erhärten, dass hier wahrlich unterschiedliche Planmaße hinsichtlich der Gebäudelängen hervorgingen; so war etwa die Länge des – wenn man so will – „Hauptgebäudes“ der Wiener Weltausstellung von 1873, also jene des bereits besagten „Industrie-Ausstellungspalastes“ einmal mit ungefähr , ein weiteres Mal – also bei einem anderen Plan – wiederum mit exakt 900 m und auf einem wiederum weiteren Plan sogar nochmals mit gar deutlich mehr als [2].
Quellen
[1] Abweichende Bezeichnung des Gebäudes in unterschiedlichen Plänen:
Industrie-Ausstellungspalast: Geländeplan Weltausstellung 1873, in: Jutta Pemsel, Die Wiener Weltausstellung von 1873, Wien 1989.
Industriepalast: Unbekannter Autor, Vollständiger Situationsplan der Wiener Weltausstellung 1873, Karl Prohaska Verlag Teschen und Wien, Wien, 1873.
Industriehalle: Unbekannter Autor, Plan der General Direction der Weltausstellung 1873 in Wien, Installations-Pläne der Wiener Weltausstellung 1873, TU Wien Hauptbibliothek, Magazin (2B), Signatur 17386 III, Wien, 1873.
[2] Maße abgenommen gem. jeweiliger Planlegende:
Fall 1: ~ 857 m: Geländeplan Weltausstellung 1873, in: Jutta Pemsel, Die Wiener Weltausstellung von 1873, Wien 1989.
Fall 2: 900 m: Unbekannter Autor, Vollständiger Situationsplan der Wiener Weltausstellung 1873, Karl Prohaska Verlag Teschen und Wien, Wien, 1873.
Fall 3: > 900 m: John Dower, Grundriss der Wiener Weltausstellung 1873 (Ground Plan of the Vienna Universal Exhibition 1873), London, 1873.
Veröffentlicht: 2023