Räumlichkeiten

Löwy, die Wiener Photographen Association und China

Theresa Forstenlehner

Die Dokumentation der Weltausstellung wurde Josef Löwy (geboren 1834 in Bratislava und gestorben 1902 in Wien) und seinen Fotografen offiziell 1872 erteilt [1]. Löwy  war bereits ein erfahrener Fotograf und somit der perfekte Kandidat, um zusammen mit der Photographen Association (gemeinsam mit Oscar Kramer, M. Frankenstein & Comp. und György Klösz) die Weltausstellung, ihren Aufbau und die dort zu sehenden Objekte zu dokumentieren. Eigens dafür wurde auf dem Gelände des Praters ein Studio [ABB.1] für die Association errichtet, welches das Bearbeiten, Sichten und Entwickeln der Fotografien (im nassen Kollodiumverfahren) sicherlich erleichterte. Das Studio befand sich in der ersten Zone (die südlichste mit dem Haupteingang) und befand sich in relativer Nähe zum Osteingang des Geländes [ABB.2].

ABB.1: Pavillon der Wiener Photographen Association im Wiener Prater, 1873, Fotografie, Wien Museum, Inv.Nr. 78.080/1.
ABB.2: Das Pavillon der Wiener Photographen Association (Nr.46) auf dem Lageplan der Wiener Weltausstellung, 1873.

Somit hatten Löwy und seine Kollegen als einzige Fotografen unbeschränkten und exklusiven Zugang zu den Räumlichkeiten und konnten schon während der Bauphase und später noch vor den offiziellen Öffnungszeiten ungestört die Ausstellungsräume ablichten, dokumentieren und die Aufnahmen auch in einem eigenen Pavillon verkaufen. Die fotografischen Erzeugnisse wurden in einem eigenen Album, dem „General Catalog Photographischer Erzeugnisse der Wiener Photographen Association für die Weltausstellung 1873“, im Jänner des darauffolgenden Jahres durch das Central-Bureau der Wiener Photographen Association veröffentlicht. Im selben Jahr löste sich die Association auf und Frankenstein, Kramer, Löwy und Klosz teilten die Bestände unter sich auf [2]. Die Abzüge der individuellen Fotografien befinden sich heutzutage vorwiegend in der Sammlung des Wien Museums [3]. Die Sammlung der Albertina besitzt ebenfalls einige Abzüge der Fotografien.

Bei der Sichtung der erhaltenen Fotografien stellten wir fest, dass die Fotografen die Räume häufig aus demselben Blickwinkel abgelichtet haben. Unter allen Aufnahmen identifizierten wir insgesamt 34 unterschiedliche Blickwinkel, welche wir schließlich auf 34 einzigartige Ansichten reduzieren konnten. Weiter war die generelle Raumsituation und die Art von Objekten auf den Digitalisaten gut zu erkennen, jedoch konnten wir nicht immer die Zugangssituation und die Anordnung von Vitrinen innerhalb der Ausstellungsräume feststellen. Auch die auf den Fotos erkennbaren Raumdimensionen stimmen teilweise nicht mit den erhaltenen Plänen der Gebäude überein. Von einigen Bereichen, wie etwa die Südseite von Raum 2 [ABB.3], welche an die Längengalerie mit der türkischen Ausstellung grenzt, fehlt jegliche Abbildung. Die Situation lässt sich auch von Aufnahmen aus anderen Winkeln nicht genau eruieren. Erschwert wurde die genaue Zuordnung der Blickwinkel zusätzlich durch die Tatsache, dass anscheinend selbst nach Eröffnung der Ausstellung gewisse Objekte bewegt, ausgehoben oder möglicherweise verkauft worden sind. Von Vorteil waren die Fotografien natürlich, um die ausgestellten Objekte und die genauen Gruppen sowie die generelle Gestaltung der Ausstellungsräume nachzuvollziehen. Generell kann aber gesagt werden, dass die Dokumentation der Photographen Association die Ausstellungssituation der chinesischen Exponate von 1873 relativ gut abbilden. Oder, wie es Löwy selbst beschreibt:

 

„Durch die Fotografie ist es möglich, besser und verständlicher als durch alle Beschreibungen und Statistiken für spätere Zeiten ein lebendiges, anschauliches Bild der Gesamtausstellung, wie den tausendfältigen Einzelheiten derselben zu gewinnen; […] die Photographie kann uns den besten Ausstellungsbericht, sie kann uns das schönste und wertvollste Andenken an die Ausstellung verschaffen.“ [4]

ABB.3: Eingang Raum 2, 1873, Fotografie, Wien Museum, Inv.Nr. 174005/54.

Quellen

[1] Hermann Vogel (Hg.), Photographische Mitteilungen, 10/9, Berlin 1874. / S. 240.

[2] Ulrike Felber (Hg.), Welt Ausstellen. Schauplatz Wien 1873. Ausstellung Technisches Museum, Wien 2004. / S. 24-26.

[3] Wolfgang Kos/Ralph Gleis (Hg.) Experiment Metropole. 1873: Wien und die Weltausstellung, Wien 2014. / S. 368.

[4] General-Direction der Weltausstellung 1873 (Hg.), Officieller Ausstellungs-Bericht, Gruppe XII, Sektion 4: Photographie, Wien 1873. / S. 40.

[ABB.2] Detail aus https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/falke1873/0442/image,info.

Veröffentlicht: 2023