1851-1867: China auf den frühesten Weltausstellungen in London und Paris (4/5)
Denise Gubitosi
1867 wurde die vierte Weltausstellung in Paris, dieses Mal auf dem Gebiet des an der Seine gelegenen Champ de Mars, abgehalten. Am nordwestlichen Ende der Parkanlage steht heute der Eiffelturm, der dort anlässlich der 22 Jahre später veranstalteten Weltausstellung von 1889 errichtet wurde. Das Hauptausstellungsgebäude war in konzentrischen Ellipsen um einen zentralen Garten angelegt – siehe ABB.19.
China ist dort mehrmals eingezeichnet. Zunächst nördlich der ersten mit „Kunstwerke“ bezeichneten Ellipse, zwischen der Rue de Russie und der Rue d’Afrique. Hier tritt China gemeinsam mit Japan und Siam zwischen Ägypten und Persien auf. Weiter nördlich, in der Galerie VI, der zweitäußersten Ellipse, sind China, Japan, Siam, Tunesien und Marokko in einem gemeinsamen Bereich dargestellt. Ein drittes Mal erscheint China im nordöstlichen Gartenbereich und kennzeichnet eine kreisrunde Anlage, die verschiedene Bauwerke umfasst. Beschriftet sind zwei Terrassen, ein Theater und ein Teehaus.
In der Publikation, aus der die Bilder stammen, erfahren wir, dass bereits im Mai 1865 eine Einladung für die Partizipation an der Weltausstellung 1867 von Paris an den Hof in Peking geschickt, diese aber abgelehnt wurde [42]. Statt des chinesischen Kaisers übernahmen Léon d‘Hervey de Saint-Denys (1822-1892) und Eugene Baron de Meritens (19. Jh.) die Aufgabe der Bestellung des chinesischen Bereiches. D’Hervey de Saint-Denys war Sinologe und Traumforscher, Baron de Meritens ab 1852 in der Administration der chinesischen Zollbehörde tätig. Der Text beschreibt, dass es Baron de Meritens deshalb möglich war, Waren, die sonst nur für den chinesischen Kaiser produziert wurden, nach Europa zu bringen. Der Autor des Berichtes, Raoul Ferrere, geht dann auf die Zerstörung des Sommerpalastes von 1860 ein und deutet an, dass dieser dem chinesischen Außenbereich auf der Weltausstellung 1867 als Vorbild gedient habe. Nebst chinesischer Kulinarik beschreibt Ferrere auch die einzelnen Bauten und ihre Inhalte. Die Rede ist von Tee und chinesischen Frauen und Männern, die scheinbar zur Inszenierung dort Arbeit leisteten. Auch „Amateure“, die in einem der Gartengebäude chinesische Waren ausstellen, werden genannt. Besondere Erwähnung erfährt ein chinesischer Händler mit einem Geschäft in 6 Rue Tronchet in Paris. Aus anderer Quelle erfahren wir, dass es sich dabei um Tching-Yang, der an der genannten Adresse Tee und Lackwaren aus China verkauft, handelt [43].
Die chinesische Präsenz im Hauptgebäude der Weltausstellung von 1867 ist mangels Bildmaterial leider nur sehr schwierig zu rekonstruieren. Die wenigen zeitgenössischen Texte zum chinesischen Bereich machen auch nicht deutlich, wie dieser genau gestaltet war. In einem Artikel zu China und Japan auf der Weltausstellung von 1867 von Gustave Duchesne, Prince de Bellecourt (1817-1881), einem französischen Diplomaten, der sich während der Periode des zweiten Opiumkrieges in China befand [44], erfahren wir, dass verschiedene Drucksorten (etwa Bücher über Medizin und Militär), Porzellane, Stellschirme, Elfenbein, Jade- und Holzfiguren, Bronzegefäße und andere Metallobjekte, Lack- sowie Glaswaren ausgestellt waren [45]. Der Autor bedauert sehr, dass der chinesische Bereich keine Möbelstücke zeigte und dass die chinesische Regierung den Ausstellungsbereich nicht selbst organisiert hat [46]. Es ist offensichtlich, dass Duchesne de Bellecourt die japanische Abteilung präferierte, da er sie als „unendlich viel umfassender und vielfältiger“ als die chinesische bezeichnet [47]. Ein offizieller Bericht der commission impériale zu den auf der Weltausstellung vertretenen Ländern macht noch viel weniger Aussagen zu konkreten Objekten, die im chinesischen Bereich vertreten waren. Dort erfahren wir aber, dass den für Tunesien, Marokko und Japan zuständigen Generalkommissaren auch die Aufgabe zugeteilt wurde, chinesische Objekte zu sammeln [48]. Neben den bereits genannten D’Hervey de Saint-Denys und Baron de Meritens war außerdem Jules Girette (1819-1895), der in der französischen Marine tätig war, für die chinesische Ausstellung als commissaire-adjoint zuständig [49]. Abseits davon wird China in verschiedenen Statistiken und im folgenden Zitat erwähnt:
„Diese großen und industriellen Nationen [Persien, China, Japan und ihre Satelliten] werden nun in den Orbit unserer Zivilisation gezogen, zum großen Vorteil des universellen Wohlstands und Fortschritts.“ [50]
Wong Yuet Heng reproduziert in einer Masterarbeit von 2017 ein „seltenes“ Foto des chinesischen Ausstellungsbereiches [ABB.23], gibt dafür aber keine Quellen an [51].
Wird dieses Bild als authentisch betrachtet, so ist die architektonische Rahmung äußerst bemerkenswert. Wong vergleicht den Eindruck, der durch die vollständig ausgestaltete Fassade und dem schmalen Durchgang entsteht, mit Pariser Einkaufsstraßen [52]. Leider zeigt sich in diesem Text wieder die schwierige Quellenlage um die chinesische Präsenz auf der Weltausstellung von 1867 sehr deutlich. Auch Wong schafft es nicht, konkrete Aussagen zu den dort ausgestellten Objekten zu machen.
Quellen
[42] Commission impériale, Exposition Universelle de 1867 illustrée. Publication internationale autorisée par la commission impériale. Vol. 1, Paris 1867. / S. 134-138.
[43] Gaston Vassy, Informations, in: Le Figaro, 3. Februar 1875, Online: https://www.retronews.fr/journal/le-figaro-1854-/3-fevrier-1875/104/532171/2. / S. 2.
[44] James Bruce Earl of Elgin et al., Correspondence relative to the Earl of Elgin’s special mission to China and Japan. 1857-1859, London 1859. / S. 99.
[45] Duchesne de Bellecour, La Chine et le Japon. A l’exposition universelle, in: Revue des Deux Mondes (1829-1971), 1867, seconde période/70/3, 710-742. / S. 716-721.
[46] Ebd. / S. 710/714.
[47] Ebd. / S. 722.
[48] Commission impériale, Rapport sur l’exposition universelle de 1867 à Paris. Précis des opérations et listes des collaborateurs […], Paris 1867. / S. 70.
[49] Ebd. / S. 365. & [Jules] Girette, La marine française en 1849, in: Revue Des Deux Mondes, 1849, nouvelle période/2/2, 1-60.
[50] Commission impériale, Rapport sur l’exposition universelle de 1867 à Paris. Précis des opérations et listes des collaborateurs […], Paris 1867. / S. 619.
[51] Siehe: Wong Yuet Heng, The display of Chinese art in late 19th-century French houses and museums, Hong Kong 2017 (Masterarbeit, The University of Hong Kong). / S. xiii/41/211.
[52] Ebd. / S. 42.
[ABB.20] Commission impériale, Exposition Universelle de 1867 illustrée. Publication internationale autorisée par la commission impériale. Vol. 1, Paris 1867. / S. 136.
[ABB.21] Ebd. / S. 137.
[ABB.22] Commission impériale, Exposition Universelle de 1867 illustrée. Publication internationale autorisée par la commission impériale. Vol. 2, Paris 1867. / S. 296-297.
[ABB.23] Wong Yuet Heng, The display of Chinese art in late 19th-century French houses and museums, Hong Kong 2017 (Masterarbeit, The University of Hong Kong). / S. 211.
Veröffentlicht: 2023