Konstruktionsgeschichte, Planung und Ausführung (2/3)
Michael Gryksa
Beginnend mit dem Baugrund, der außerhalb des Stadtkerns in Richtung Donau gelegen war – entspricht dem heutigen Prater – musste man die ersten Probleme lösen. Dieses Schwemmland der damals noch nicht fertig regulierten Donau bestand in den oberen Schichten aus fluvialen rezenten Sedimenten – und war stark wasserabhängig. Daher errichtete man für jeden vertikalen Bauteil ein einsprechendes lastverteilendes Betonfundament. Die größten Einzelfundamente trugen die 32 Schmiedeeisensäulen der Rotunde.
Im „Bauconstructeur“ [3] [ABB.2] finden sich folgende Dimensionen: „oben 5 m lang, 2 m breit mit 1/3 Böschung und 3 – 5 m tief“ [ABB.3].
Diese Fundamente waren einfache Stampfbetonfundamente ohne Bewehrung, deswegen auch die Abböschung, welche der theoretischen Lastabtragung entspricht. An der Oberfläche dieser Fundamente befestigte man Schmiedeeisenfußplatten, um darauf die aufgehenden Säulen zu fixieren. Die Kuppel der Rotunde konnte wegen des Eigengengesamtgewichtes von ca. 4000 Tonnen auch nicht auf einmal aufgesetzt werden. Dazu wurde ein zusammengesetzter Schmiedeeisenring am Boden hergestellt, der in ungefähr 80-tägiger Hubarbeit auf die Höhe der Säulen von ca. 24,4 Meter [ABB.3] gebracht und dort verbunden wurde. So entstand ein tragfähiger Zylinder mit einem Ringabschluss. Dieser bildete nun die Basis für die Kuppel, die eine stützenfreie Gesamtspannweite von ca. 108 m hatte. Sie war damals die weltgrößte Kuppel und wurde erst 1957 durch die Errichtung einer Messehalle in Belgrad mit 109 m übertroffen. Die Kuppel der Rotunde trug noch zwei aufgesetzte Laternengebäude, wobei das oberste ein 4 m großes Modell der österreichischen Kaiserkrone trug. Das Dach wurde mit Holz gedeckt und außen mit einem Blech als Schutz gegen den Regen überzogen. Leider zeigte sich recht bald, dass dieses Blechdach viele undichte Stellen hatte und es bei Regenfällen immer zu Wassereintritten kam. Auf Brandschutzmaßnahmen hatte man verzichtet, weil nur eine temporäre Nutzung geplant war. Die Belichtung der Hallen erfolgte über beidseitige Lichtbänder im obersten Bereich, als verglaste Schmiedeeisenkonstruktion. Die Rotunde hatte außen einen umlaufenden Gang, der mit hohen Glasfenstern zur Belichtung ausgestattet war.
Damit der imperiale Gesamteindruck der Halle der Rotunde besser zur Geltung kam – er hatte eine stützenfreie Fläche von ca. 8000 m² – wurde die Schmiedeeisenkonstruktion aufwändig mit Holz, Mauerwerk und Gips verkleidet und auch bemalt. Als Fußbodenkonstruktion für alle Gebäude diente eine mehrlagige Holzbohlenkonstruktion, die aus Feuchtigkeitsgründen das darunter liegende Erdreich nur stellenweise berührte. In gleicher Art wurde auch die Ausstattung der restlichen Ausstellungsgebäude vorgenommen. Alles immer unter der Prämisse eines baldigen späteren Abbaus der ganzen Anlage. Es musste alles sehr schnell gehen.
Quellen
[3] August Prokop und Herm. Daub, Der Bauconstructeur, vom Verein an der k. k. Technischen Hochschule in Wien, Hochbau I (Construktions- und Gebäudelehre) von Prof. August Prokop, herausgegeben von Ingenieur Herm. Daub, Selbstverlag des Vereins, aus dem Altbestand der TU Wien, Inv. Nr. 212, neue Inv. Nr. 10.564 bzw. 738.448, o.O. u. J.
[ABB.2] Ebd. / Titelblatt
[ABB.3] Ebd. / Eiserne Dachstühle XVI, Nr. 117
Veröffentlicht: 2023